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Pionierin des Patenschaftsprogramms in Guayaquil/Ecuador

Ingrid und Karl Fleißner zusammen mit den ecuadorianischen Partnern, Alberto Solórzano und Paula Solórzano, sowie der Stiftungsleitung beim Patenelterntreffen 2018.
Ingrid und Karl Fleißner zusammen mit den ecuadorianischen Partnern, Alberto Solórzano und Paula Solórzano, sowie der Stiftungsleitung beim Patenelterntreffen 2018.

Ingrid Fleißner ist am 15. Juni im Alter von 85 Jahren verstorben.

Sie wurde am Mittwoch, den 22. Juni 2022, um 14:15 Uhr im Waldfriedhof München beigesetzt. 

 

Die Stiftungsfamilie trauert um Ingrid Fleißner, die das Patenschaftsprogramm in Guayaquil zusammen mit Frau Dotzler und Frau Helen Hasch de Toro aufbaute und über 30 Jahre lang koordinierte. Neben dieser großartigen ehrenamtlichen Tätigkeit organisierte sie zusammen mit ihrem Mann die Patenelternreisen nach Ecuador und bestückte bis zuletzt den Bazar für das jährliche Patenelterntreffen mit Handwerkskunst und Handarbeiten aus Ecuador.

 

Die Alfons Goppel-Stiftung verliert mit Ingrid Fleißner eine wahre Freundin der Kinder und Jugendlichen in Ecuador und eine langjährige Weggefährtin.

Unsere Gedanken und Gebete sind bei ihrem Mann Karl und ihrer Familie.

Eine Pionierin der Patenschaft und Freundin der Kinder

Alberto Solórzano (verantwortlicher des Patenschaftsprogramms in Guayaquil)

Am Mittwoch, den 15. Juni, erhielten wir von Karl Fleißner die traurige Nachricht, dass Ingrid Fleißner, geb. Kaiser, von dieser Welt gegangen ist. Wie immer in Begleitung ihres geliebten Mannes, der 66 Jahre lang ihr Freund war und sie in Freud und Leid begleitete.

Ingrid, Karl und andere deutsche Frauen waren die Pioniere bei ihren Besuchen in Ecuador, um in Guayaquil zusammen mit Kardinal Bernardino Echeverría Ruiz und Hellen Hasch de Toro in Guayaquil ein Patenschaftsprogramm zu konzeptionieren, das den bedürftigsten Familien finanziell hilft.

 

Sie organisierten mehrere Reisen nach Ecuador mit Paten, die die Realität ihrer Patenkinder und deren Familien kennen lernen wollten. Ihre Liebe zu diesem Programm hat dazu geführt, dass heute viele ehemalige Patenkinder als ausgebildete Fachleute und Akademiker in verschiedenen Berufen tätig sind.

Meine Familie hatte das Glück, die beiden zu treffen und als Familie zusammenzukommen. Wir teilen ihre Herzen und sie teilen unsere.

"Mami Ingrid", so nannten wir sie stets liebevoll, ruhe in Gottes Frieden. Karl, empfange die Kraft, die Gott uns schenkt, in der Hoffnung, dass wir uns in der Gemeinschaft aller Heiligen treffen.

Mit Liebe und Gebeten
Alberto und Familie Solórzano

Übersetzung der Traueranzeige:

 

Das Zentrum zum Guten Hirten auf der Isla Trinitaria (Guayaquil/Ecuador) der Ordensgemeinschaft "Nuestra Señora de la Caridad del Buen Pastor" und alle Zugehörigen drücken unser tiefstes Beileid aus gegenüber allen Familienangehörigen und Freunden anlässlich des Sterbefalls von
Frau Ingrid Fleißner

Wir trauern um sie und würdigen ihren Beitrag zur Entwicklung und bedingungslosen Unterstützung des Zentrums zum Guten Hirten / Isla Trinitaria sowie den Einfluss, den sie auf das Leben der so vielen von ihr Begünstigten hatte.


Schwester Mónica Echeverría

Ecuador

Eine "grande dame" - stets unauffällig und doch höchst wirksam unterwegs

Rede von Dr. Thomas Goppel

Trauerfeier am 22. Juni 2022
Trauerfeier am 22. Juni 2022

Der 15. Juni 2022 hat nicht nur Dr. Karl Fleißner und seine drei Söhne samt Familien, sondern auch die „Tugenden Hilfsbereitschaft und Einsatzfreude“ in München um eine „grande dame“ der vergangenen rund fünfzig Jahre ärmer gemacht.

 

Ingrid Fleißner, die sich im Verbund mit Margarete Dotzler schon in den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts für einen kontinuierlichen Einsatz in der Entwicklungshilfe stark gemacht und engagiert hat, ließ sich damit wie die Freundin auf eine Aufgabe ein, die beide nicht mehr loslassen sollte.

 

Wenn wir hier sie heute – unserer Glaubensüberzeugung folgend – dem Himmel zurückgeben, dann lassen wir sie mit all dem Wissen, der Erfahrung und der Leidenschaft, mit der sie in der selbst gestellten Aufgabe der ‚Ausbildungs- und Familienförderung‘ vor allem in Ecuador unterwegs war bis in die jüngsten Tage, ungern und in großer Trauer über die Lücke, die sie hinterlässt, gehen.

 

Ingrid Fleißner, im Januar 85 Jahre alt, ließ sich von der Idee, die sie mit Margarete Dotzler 1972, also vor 50 Jahren, auf den Weg gebracht hat, mehr und mehr erfassen und fesseln. Bald bildeten die zwei, getragen von den katholischen Frauen der Erzdiözese München und Freising, eine solide Brücke in die lateinamerikanische Welt, begegneten dabei auf ihren Reisen und Amtsgängen Vertretern aus Wirtschaft und Politik, engagierter Geistlichkeit (P. Wisneth, ihr Pfarrer hier am Waldfriedhof) in Ecuador wieder und trieben das Dotzlersche Projekt einer „Aktion Patenschaften“ voran.

 

In der Orentierungsphase des neuen Förderstils (Eltern hier fördern Kinder in Ecuador, liefern erste und wichtige Bildungschancen frei Haus) entdeckten sie sich bald als die Enthusiasten für diese Entwicklungsform, taten sich unabhängig von alteingesessenen Strukturen zusammen, ließen sich von niemandem beirren.

Auch und gerade so von außen animiert, entstand 1980 die Alfons-Goppel-Stiftung, die die besondere Förderidee übernahm und dem Patenschaftsmodell Rückgrat verschaffte.

 

Der damalige Ministerpräsident Goppel und sein Landwirtschaftsminister Hans Eisenmann nutzten gern die in der gleichen Zeit wachsenden Wirtschaftsverbindungen nach Südamerika, um tätig wie – mit den Damen – wohltätig zu sein.

 Die beiden Frauen fanden mit Pater Wisneth wichtige Platzhalter und Verantwortungsträger in Quito und Guayquil. Die dort versprachen, dass die bayerische Spendenfreudigkeit auch tatsächlich über die Jahre die richtigen Adressaten erreichen würde.

 

Von Frau Dotzler haben wir uns schon lange verabschiedet und ebenso von der so hilfreichen Frau Hasch de Toro. Mit Ingrid Fleißner ist das Gründertrio jetzt in der Ewigkeit komplett.

 

Die Idee geht mit dem Tag heute sozusagen an ihren Startort zurück: Pater Wisneth, der geistliche Inspirator der Patenschaftaktion, war zeitweise Standortpfarrer für diesen Waldfriedhof, von dem aus wir jetzt mit Ingrid Fleißner auch die selbstgestellte Aufgabe der Damen an den Start zurückführen.

Nein! Das sei versprochen! Die Aufgabe ist nicht am Ziel! Die „Aktion Patenschaften 1972“ wird weitergehen in ihrer zweiten Jahrhunderthalbzeit. Dafür stehen die Kräfte heute, verteilt wie seinerzeit zum Start: Unsere Familie, Gerhard Hess und all die Akteure wie Sarah Christ.

 

Ecuador, die Jugend dort, braucht unsere, dem Gründerinnentrio verdankte Nähe, unsere Fürsorge weiter, will wir ja nicht nur die zwei Hauptaufgaben unserer Tage, die Pandemiebewältigung und den weltweiten Klimaschutz in globalerem Zusammenhalt morgen bewältigen müssen: Einmal mehr machen die weltweit wieder zunehmenden Brandherde, die Rücksichtslosigkeiten im Raubbau an der Natur, die mitmenschlich schrumpfende Hilfsbereitschaft Druck auf Verstand und Vernunft:

 

Ingrid Fleißner, die mit den Eltern im zweiten Weltkrieg erst nach Wanderjahren über Warschau in ihre Geburtsstadt München zurückkam, musste niemand daran erinnern, dass wir mit den schlimmen Erfahrungen der Weltkriege im 20. Jahrhundert das Versprechen abgegeben haben, dass „die Würde des Menschen unantastbar ist“ und bleibt, wie leichtfertig die Mächtigen dieser Tage damit auch schon wieder umgehen.

Ingrid Fleißner wusste, dass Wohlstand und Wohlfahrtsstaat, die wir in Gemeinsamkeit und aus der Not der Niederlagen, die wir mitverschuldet hatten, ständig neu gefestigt werden müssen und dass, wer nicht Teilen gelernt und geübt hat, schnell in alte Strickmuster der Macht zurückfällt.

 

Ingrid Fleißner, das haben wir schon von Pater Klaus gehört, hat am eigenen Werdegang und Leben Maß genommen, stets auf das und die Gegenüber geachtet, die „außen vor“ bleiben, wenn wir Lehren aus dem eigenen Erleben ziehen, solche, die der nächsten Generation den Alltag leichter machen und das Bewusstsein dafür schärfen, dass wir weltweit das Miteinander stärken und pflegen.

 

Ununterbrochen blieb sie, die wir ab sofort zu ersetzen beauftragt sind, im Einsatz für die eigene Überzeugung, organisierte mit ihrem Karl immer wieder Reisen mitten ins Zielgebiet, ließ Pateneltern erleben, was ihr ständiges Opfer verändern half und hilft, pflegte den Kontakt auch zu den Potentaten aus Kirche und Gesellschaft, blieb dabei aber unauffällig und dennoch höchst wirksam unterwegs – wie schon gesagt: mehr als 50 Jahre lang.

Zwischendurch, aber wohl nie nebenbei, kümmerte sie sich um die eigene Familie, die drei Söhne und den Mann, mit dem sie in der Aufgabe der Entwicklungssicherung ununterbrochen bis 2017 unterwegs war.

 

Wie wenige aus meinem Bekanntenkreis schaffte sie das lebenslänglich aus der zweiten Reihe, dem so stets ein Teil des Führungsanspruches zufiel.

 

Rastlosigkeit bleibt eigentlich immer unbemerkt bis zu dem Zeitpunkt, zu dem die eigene Kraft umgekehrt proportional Halt macht zu der Aufgabe, die man sich selbst vorgenommen hat, immer weiter auszubauen.

Menschen wie Ingrid Fleißner haben nie, wenn sie das in den mehr als 85 Jahren hätten tun sollen, nach dem Zeitpunkt gefragt, der eine Pause vertragen hätte. Die verdienten Auszeichnungen für sie täuschen nicht darüber hinweg, dass sie sich nicht schonen mochte. 2020 mag der Körper nicht mehr die Kraft aufbringen, nach der der Geist verlangt haben würde. Ingrid Fleißner tritt langsamer, weil sie es muss. Nach mehreren Krankenhausaufenthalten versagt auch die Reha und zum Ende schaffen es auch die Ermutigung und die Fürsorge ihres besorgten Karl nicht mehr, sie am und im Einschlafen zu begleiten.

 

Ein Leben im ständigen Überholtempo ist gelebt, alles eingesetzt, was Gemeinsinn vermag bzw. vermochte, ist Liebe zu den Menschen ohne Besehen der Personen praktiziert. Vieles ist getan. Auch Ingrid Fleißner wusste und weiß das.

Sie ist uns allen voraus und wir sind versammelt, um ihr auf dem Weg mit ihrer eigenen Lebensleistung Mut zu machen: Wenn der Lohn der Ewigkeit daran gemessen wird, was man mutig getan hat, dann gibt es mit heute einen Grund mehr, sich zusätzlich einzubringen in eine Welt und Gegenwart, die verlernt zu haben scheint, wieviel Wahrheit in dem Satz steckt, den Johannes Pauls des II. Mutter Ihrem Sohn auf den Weg gegeben hat: “Johannes, nimm Dich nicht so wichtig!“

Dass und wie das geht, hat Ingrid Fleißner bewiesen. Dankbar verneigen wir uns davor und mit Tränen der Dankbarkeit in den Augen. Der Himmel wird es gesehen haben. Das tröstet schon wieder.

 

(Es gilt das gesprochene Wort)