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Eine Katastrophe ohne Ende

Corona stürzt Ecuador in eine medizinische und politische Krise – Projektpartner stiften dennoch Hoffnung

Die Bauernhöfe (Fincas) der Kinderheime dienen in der Pandemie nicht nur der Selbstversorgung, sondern geben den Kindern auch Sicherheit, sinnstiftende Beschäftigung und Freude.
Die Bauernhöfe (Fincas) der Kinderheime dienen in der Pandemie nicht nur der Selbstversorgung, sondern geben den Kindern auch Sicherheit, sinnstiftende Beschäftigung und Freude.

Als im Frühjahr 2020 die Pandemie weltweit ausbrach, war niemand darauf vorbereitet.

Es stellte sich sehr schnell heraus, dass die Regierung und besonders das Gesundheitswesen Ecuadors vollkommen überfordert waren. So führt die schlechte Vorgehensweise zu einer Krankenhauskrise. Chaos herrschte. Die Menschen starben auf der Straße und viele Angehörige konnten ihre Verstorbenen nicht begraben, da sie die Leichname aus den Krankenhäusern nicht erhielten. Friedhöfe waren überfüllt. „In dieser schwierigen Situation breitete sich die Korruption sich weiter aus, wie eine weitere Plage, die alles auf ihrem Weg zerstört.“, berichtet Teresita Moncada vom Casa Hogar de Jesús.

 

Gelder, die für Leichensäcke, Beatmungsgeräte und Masken bestimmt waren, kamen nicht an. Lebenswichtige Versorgung der Familien und der Kranken war nicht möglich. So wurden 16 Gesundheitszentren und Krankenhäuser im Land wegen überteuerter Einkäufe überprüft. Nach den ersten Monaten der Pandemie trat die Gesundheitsministerin aufgrund der desaströsen Zustände zurück. 
Die Haupteinnahmequelle des Landes, das Öl, sank im Preis so stark, dass die Regierung umstrittene Maßnahmen – wie die Privatisierung der Post – beschloss, die zu Unruhen und Protesten im Land führten. Es kam zu vielen Entlassungen und die Arbeitslosenzahlen in Ecuador stiegen rasant an.


Die von den Behörden verhängte Quarantäne stürzte besonders die ohnehin schon armen Familien in enorme wirtschaftliche Schwierigkeiten. Viele Frauen arbeiten 
als „Hausmädchen“ für die besser gestellte Familien. Doch das war nun nicht mehr möglich. Genauso wenig die Arbeit als Tagelöhner oder im Straßenverkauf. Die strikten Ausgangssperren verhinderten dies und so brachte es die Familien schnell in die Not, sich nicht mehr selbst ernähren zu können.

 

Hinzu kommt, dass die meisten dieser Familien auf engstem Raum in kleinen, selbstgezimmerten Wellblechhütten ohne fließend Wasser leben und so das Virus rasch um sich greifen konnte.


„Die ökonomische Situation der Familien ist sehr unsicher“, erklärt Blanca de Pinela vom Patenschaftsprogramm der Diözese Santo Domingo. „Es herrscht eine große Arbeitslosigkeit, Geschäfte rentieren sich nicht mehr. Laut einer sozioökonomischen Studie der Caritas Ecuador sind 44% der Bevölkerung arbeitslos, davon suchen 78% ohne Erfolg Arbeit. Nur 12% der Ecuadorianer haben eine sichere Einkommensquelle und 88% sind wirtschaftlich gefährdet.“

 


Im Mai wurde die Ausgangssperre aufgehoben. Stattdessen wurde ein Mindestabstand angeordnet, doch die Menschen hielten sich nicht daran, oft, weil es für sie praktisch nicht umsetzbar war und sie ihren minimalen Lebensunterhalt sichern mussten. Dadurch stiegen die Infektionszahlen weiter. 
Nicht nur die Großstädte wie Quito und Guayaquil traf es hart. In Santo Domingo de los Tsáchilas beispielsweise leben rund 500.000 Einwohner und das einzige Krankenhaus konnte schon bald keine COVID-Patienten mehr aufnehmen, sodass sie in andere Städte gebracht werden mussten. Das Gesundheitssystem brach vollkommen zusammen.

 


Unter diesen Umständen ist auch das Lernen zu einer noch größeren Herausforderung geworden. So schreibt Blanca de Pinela: „Viele unserer Schüler konnten am Unterricht nur über Telefon, Tablets, Computer (falls vorhanden) oder in schwierigeren Fällen durch Bücherausleihe und Leitfäden der Schulen teilnehmen.“

 

Die größte Sorge der Heimleiterinnen gilt der Versorgung der Kinder und deren Familien. Vom Mädchenheim Valle Feliz schreibt Schwester Carmela Pilarska: „In einem armen Land ist die einzige Hoffnung, die man hat, dass man sich nicht selbst oder sogar die Kinder ansteckt. Mehr gibt es nicht. Es geht darum, die physische und psychische Gesundheit zu pflegen. Im Valle Feliz konzentrieren wir uns darauf, den Mädchen Ruhe zu vermitteln. Wir säen, ernten, pflegen die Tiere und schaffen Momente des Feierns, damit die Kinder etwas Spaß haben können.“ Um sich der Pandemie entgegenzustellen ist es wichtig, „Hoffnung auf einen Impfplan zu haben, um die Ansteckung nicht mehr zu fürchten.“ 
Wann es diesen in Ecuador geben wird und wann dieser die Familien erreichen wird, die die Alfons Goppel-Stiftung unterstützt, ist ungewiss.